Manipulierende Eltern brauchen Hilfe dabei, die Bedeutung des anderen Elternteils für das Kind zu sehen und zu akzeptieren. Sie sind auf Unterstützung angewiesen, um zu erkennen, welche Botschaften sie dem Kind vermitteln, welchen Beitrag sie zum "nein" des Kindes leisten und müssen lernen, (wieder) Verantwortung für die zweite Elternbeziehung zu übernehmen.

Aufgabe des Sozialarbeiters ist es, ihnen dabei zu helfen, die Wirkungen ihres Verhaltens auf das Kind zu verstehen. Er kann sie darin anleiten, Situationen zu schaffen, die ein "ja" des Kindes zum anderen Elternteil erleichtern. Meist brauchen die Eltern auch Hilfe dabei, das Verhalten des Kindes: Ich will die Mama heute nicht besuchen, als Koalitionsangebot zu erkennen und müssen lernen, sich nicht weiterhin zwischen den anderen Elternteil und das Kind zu stellen, indem sie sein Angebot annehmen. Sie müssen lernen, was die Beziehungspflege des Kindes zum anderen Elternteil betrifft, sich konsequent zu verhalten anstatt "neutral" zu sein und wie sie ihrem Kind Vorbild sein können, ohne sich selbst zu überfordern.

Gardner unterscheidet auch hier zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer Ausprägung.

Leichte Form: Der Elternteil registriert, daß die Entfremdung vom anderen Elternteil für das Kind nicht gut ist. Dennoch sind manipulative Elemente im Verhalten des Elternteils zu entdecken. Im Vordergrund des Handelns steht Angst, manchmal auch ein wenig Rache, vorrangig ist jedoch das Ziel, die eigene Position im Kampf ums Kind (oder Sorgerecht) zu stärken.

Mittelschwere Form: Nachdem die Umgangskontakte nach der Trennung zunächst einigermaßen funktionierten, treten plötzlich Störungen auf. Es werden immer häufiger Argumente und Entschuldigungen gefunden, warum das Kind den anderen Elternteil nicht besuchen kann/soll. Unmerklich fallen immer mehr Besuchskontakte aus und bedrohen die Kontinuität der Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil. Es werden immer wieder Möglichkeiten gefunden Gerichtsentscheidungen zu umgehen. Meist werden sie nur unter großem Druck (Androhung von Sanktionen oder dem Entzug des Sorgerechts) befolgt. Manchmal ist es Rache, was Eltern so handeln läßt. Häufig liegt das Motiv des manipulierenden Elternteils im Bedürfnis nach ungeteilter Zuneigung des Kindes. Dahinter steht meist der Wunsch nach Abhängigkeit und Gebraucht werden. Der eigene Selbstwert ist eng gekoppelt mit der Bedeutung für das Kind: Es braucht mich.Häufig war die Eltern-Kind-Beziehung schon während der Ehe durch ein Exklusivität beanspruchendes und überbehütendes (overprotection) Verhalten des manipulierenden Elternteils geprägt. Der zweiten Elternbeziehung wurde weit weniger Bedeutung beigemessen und sie unterlag der Kontrolle durch den manipulierenden Elternteil: Ich weiß besser, was für das Kind gut ist. Durch die eigenständigen Kontakte des Kindes zum anderen Elternteil sieht der manipulierende Elternteil sein Bedürfnis nach Exklusivität und damit seinen Selbstwert gefährdet. Es ist deshalb nicht Liebe zum Kind, was Eltern so handeln läßt – auch wenn sie das immer wieder betonen – sondern eigene Bedürftigkeit.

Schwere Form: Solche Eltern versuchen alles, um die Kontakte zwischen Kind und anderem Elternteil zu verhindern. Nicht selten ziehen sie mit dem Kind aus, ohne dem anderen Elternteil mitzuteilen, wo sich die Kinder befinden. Ihre Haltung ist geprägt von Panik, das Kind an den anderen Elternteil zu verlieren. Sie sind überzeugt davon, daß der Kontakt mit dem abgelehnten Elternteil dem Kind schadet. Sie lassen sich weder durch Logik noch durch Konfrontation mit der Realität von ihrer Haltung abbringen. Selbst Gerichtsurteile oder Gutachten, die bestätigen, daß der andere Elternteil nicht dieser schlechte Mensch ist, ändern an ihrer Überzeugung nichts und auch nicht an ihren Manövern.

Der manipulierende Elternteil kann sich seines Verhaltens bewußt, tendenziell bewußt oder völlig unbewußt sein. Gardner beschreibt das Bewußtsein als fließendes Kontinuum mit der Tendenz, sich mehr und mehr in Richtung unbewußter Automatismus zu bewegen. Während bei milder und mittelschwerer Ausprägung gute Aussichten bestehen, Veränderungen im Interesse des Kindes durch die Arbeit mit beiden Eltern herbeizuführen, besteht diese Chance bei der schweren Form nicht.

Manipulierende Eltern der dritten Kategorie verfügen über wenig Kapazität zur Selbstreflexion, sie sind unfähig ihre eigenen Einschränkungen zu erkennen, oder zu realisieren, in welcher Weise sie zum Problem beitragen. Ihre Motivation zur eigenen Veränderung ist minimal. Die einzige Chance, dem Kind Einschränkungen in seiner Persönlichkeitsentwicklung zu ersparen, besteht dann darin, das Kind in den Haushalt des abgelehnten Elternteils wechseln zu lassen. Dazu sind die aus dem Wechsel des Kindes in den Haushalt des anderen Elternteils resultierenden möglichen kurzfristigen Belastungen in Beziehung zu setzen mit den langfristigen Folgen, die daraus resultieren, daß das Kind die zweite Elternbeziehung nicht unbeschwert leben kann oder sogar ganz verliert.

Einen Wechsel von einem Elternteil zum anderen können Kinder in der Regel verkraften. Dem manipulierenden Verhalten eines Elternteils ausgesetzt zu bleiben, beeinträchtigt ihre Lebensqualität erheblich und das lebenslang. Die Erfahrung zeigt, daß in den meisten Fällen nach einer Phase der kurzfristig erhöhten Belastung für alle Familienmitglieder schnell wieder der Alltag einkehrt und sich die Beziehungen zu beiden Eltern normalisieren.